Habermas, die Intellektuellen und der Iconic Turn
Mit seinen Überlegungen zur Rolle des Intellektuellen in einer von Iconic Turn veränderten Medienwelt kehrt Habermas zu seinen Anfängen zurück: zum Strukturwandel der Öffentlichkeit, über den sich der Philosoph 1962 habilitierte. Die Kritik am Fernsehen äußerte er breits damals anlässlich der im Fernsehen übertragenen Parlamentsdebatten: Vor der erweiterten Öffentlichkeit werden die Verhandlungen zur Show stilisiert (S.245).
Neu ist die Rolle, die er dem Internet zuspricht. Im Gegensatz zum Fernsehen sieht Habermas dort das Problem nicht in den Bildern. (Eine Ansicht, die sich mit dem Ausweiten der visuellen Informationen bald ändern dürfte.) Vielmehr vermisst er in den egalitären Netzen die konzentrierte Öffentlichkeit. In diesem Medium verlieren die Beiträge von Intellektuellen die Kraft, einen Fokus zu bilden. Neue Wege der Fokussierung, wie sie etwa bei Technorati oder delicious sichtbar werden, zieht er in nicht Betracht. Dass die Intellektuelle im herkömmlichen Sinn dort nicht präsent sind, zeigt die Cicero- Liste der 500 Intellektuellen, die das Internet als eigenständigen Reflektionsraum vollständig ausblendet.
Habermas' Feindbild ist und bleibt das Fernsehen und der Iconic Turn, die eine un-intellektuelle Öffentlichkeit erzeugen: ein Publikum, das aus Zuschauern besteht und nicht aus potenziellen Sprechern, die einander Rede und Antwort stehen. Gerade in diesem Punkt könnte sich im Internet eine Lösung ergeben. Noch erreichen die Debatten in Blogs und Foren selten ein hohes Niveau. Aber es entsteht eine Infrastruktur, die extensiv auf Rede und Antwort setzt. Auch dort wird die Wende zum Bild sich mehr und mehr bemerkbar machen und die Strukturen der Öffentlichkeit ein weiteres Mal wandeln.