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Joost: Bild-Sprache - Rhetorik im Film

Ein Buch mit dem kurzen Titel Bild-Sprache verspricht nicht weniger als etwas Grundlegendes. Gesche Joost geht es nicht um einen Teil, sondern um Alles, ums Ganze. Um die ganze Sprache des Films.
Wie werden rhetorische Gestaltungsmittel eingesetzt? Welchen Regeln folgt ihr Einsatz? Und wie kann ihre Komposition im Film sichtbar gemacht werden? Das sind die Fragen, die die Autorin beantworten will.

Einem so generellen und allumfassenden Vorhaben dieser Art haftet immer etwas zugleich Heroisches und Naives an. Der Untertitel "Die audio-visuelle Rhetorik des Films" ändert daran wenig, bis auf den Umstand, dass das Hören endlich einmal explizit einbezogen wird. Vielleicht liegt die Ignoranz gegenüber dem Sound in der Filmtheorie nicht zuletzt daran, dass sich die Tonspur nicht abdrucken lässt.

Das Buch ist eine Doktorarbeit. Das hat Vor- und Nachteile. Zwar informiert Joost bestens über den Stand der Forschung, aber man muss sich dazu durch nicht wollende Hinweise auf ähnliche oder leicht abweichende Konzepte quälen. Die Reflexion über die Methode nimmt fast drei Viertel des ganzen Buches ein. Aber sie ist gründlich und lehrreich.

Im Sinn eines Iconic-Turn fordert Joost spezifische Methoden der Bildforschung, die nicht vom Zeichen her, also nicht semiotisch oder sprachlich denken, sondern visuell. Auf der Website zum Buch gibt sie Beispiele für eine solche Visualisierung. Und das führt ganz konsequent nicht nur über die üblichen Verfahren der Filmanalyse hinaus, sondern auch über das Medium des Buches.

Rhetorik zielt auf erfolgreiche Kommunikation. Sie begreift Joost die Rhetorik des Films als ein Verfahren, aus Rohmaterial gute Filme herzustellen. "Ist der Rhetor im heutigen Verständnis nicht ein Designer, der sein Gestaltungswerkzeuge im Blick hat, der seine Kommunikation wirksam zu gestalten weiß und dem die >gute Form< seines Produktes oberstes Ziel ist?", fragt Joost.

Als Modell nimmt sie Sergej Eisenstein. Nun hat dieses Beispiel einen Haken, wen nicht gar mehrere. Eisenstein war seiner Zeit alles andere als erfolgreich. Auch die revolutionären russischen Arbeiter gingen lieber ins Kino, um sie von den letzten Hollywood-Schinken
unterhalten zu lassen. Eisenstein war nur bei den Intellektuellen erfolgreich, die dem Glauben an das Kino als Avantgarde anhingen. Und bei denen, die daraus bis heute eine Filmgeschichte im Sinn der Kunst und nicht des Populären schreiben.

Und es stellt sich eine weitere Frage. Die Analyse eines Films schreibt ihn zurück in jenes Medium von Listen und Tabellen, die er einmal im Drehbuch war. Aber wozu benötigt man diese Theorie? Welche Erkenntnisse fördert sie zutage? Lohnt es sich tatsächlich, die Bilder formal zu sezieren oder verwenden wir am Ende auf die Analyse mehr Energie, als wir jemals bei der Produktion wieder umsetzen können.

Abgesehen davon, dass diese Fragen offen bleiben, schlägt Joost in ihrem Buch, eine Brücke zwischen Designtheorie, vor allem Gui Bonsiepe, und Filmtheorie, bis zur Bordwell-Schule. Mit dem Begriff der Rhetorik gelingt es, und das ist wirklich bemerkenswert, Analyse in Produktion zu überführen.
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Gesche Joost: Bild-Sprache. Die audio-visuelle Rhetorik des Films. transcript - Verlag 2008, 25,80€