Iconic Turn weitergedreht
Bilder sind mittlerweile auch über die Kunstgeschichte hinaus in einem weit umfassenderen Sinn Gegenstand der Geistes- und Naturwissenschaften geworden. Ob es sich dabei um das Verhältnis von Bild und Macht - wie Paul Zanker dies am Beispiel des Kaisers Augustus und der Verbreitung seines Bildnisses im antiken Rom untersuchte - oder um Fragen der neurobiologischen Grundlagen der Entstehung von Sprache und Bildern im Gehirn - einem großen Forschungsfeld Wolf Singers - handelt: die Dimensionen der Beschäftigung mit dem Phänomen Bild übertreffen wohl selbst die vorausschauenden Einsichten des »Bildwissenschaftlers« Aby Warburg, der schon früh demonstrierte, dass »die Geschichte der Bilder etwas Umfassenderes, Mächtigeres war als die Geschichte der Kunst«.
Die Vorlesungsreihe Iconic Turn ist aus dem Versprechen entstanden, nach dem frühen Krebstod meines Sohnes Felix im Jahre 2001 unsere Gespräche über Kunst und Bilder fortzusetzen. Besonders in dem Jahr, als Felix nach seiner Promotion in die USA gegangen war und an der Seattle University als Senior Assistant Professor für Kunstgeschichte lehrte und forschte, führten wir oft lange Telefonate, die sich immer um die Schnittstelle von Kunst und Medien drehten. So sind die Vorlesungsreihe und das Buch Iconic Turn seinem Gedenken gewidmet worden. In dem Untertitel \"Die neue Macht der Bilder\" kommt auch ein von Felix stets hervorgehobenes Anliegen zum Ausdruck, Erkenntnis nicht um ihrer selbst willen zu erlangen, sondern immer wieder auf unsere eigene Gegenwart zu beziehen.
(aus: Hubert Burda, Christa Maar (Hg.): Iconic Turn. Die neue Macht der Bilder, Köln: DuMont 2004, S.9.)