Bildwissenschaft, Methoden
Am Internationalen Forschungszentrum für Kulturwissenschaften in Wien beispielsweise, an dem ich derzeit forsche und das Hans Belting leitet. Ab Oktober nächsten Jahres wird dort das Thema „Kulturen des Blicks“ für einige Jahre einen Schwerpunkt bilden. Dann wird es mit Wissenschaftlern der verschiedensten Disziplinen, mit Ethnologen, Naturwissenschaftlern, Kunsthistorikern, aber auch mit Werbern, Vertretern der Kunst und der Medien, einen interdisziplinären Diskurs geben, um die gemeinsamen Fragen ein Stück weit zu beantworten.
Wenn Sie sich eine Bildwissenschaft wünschen könnten, wie wäre die neue Disziplin in den Fächerkanon der Universität eingebettet?
Sie müsste sich mit der Vielfalt der uns umgebenden Bildwelten so beschäftigen, dass man den Bezug von der einen auf die andere nachvollziehen kann. Ich weiß immer noch sehr wenig von den Bildwelten und den Visualisierungsverfahren in den Naturwissenschaften, obwohl einige Kollegen dazu schon Bemerkenswertes erforscht haben. Die Naturwissenschaften haben aber längst noch nicht den Stellenwert, den sie haben sollte. Wenn das Fach nicht mehr „Kunstgeschichte“ hieße, sondern „Bildwissenschaft“, dann gäbe es auch andere Schwerpunkte.
Wie würden Sie Ihre eigene Methodik beschreiben und was wären Ihrer Meinung nach die Methoden einer Bildwissenschaft?
Man kann meine Art des Arbeitens als Suche nach neuen kausalen Zusammenhängen oder nach anders gearteten Erklärungsmustern verstehen. Für meine eigene Vorgehensweise und die einer Bildwissenschaft würde ich den Wunsch artikulieren, nach Clustern, nach Verdichtungen, zu suchen. Damit meine ich Abschnitte einer Epoche, in denen sich in den verschiedensten Disziplinen, im künstlerischen und wissenschaftlichen Bereich, Entwicklungen vollziehen, die auf eine gemeinsame Frage fokussierbar sind. Wenn man beispielsweise die Erfahrung der Raumaneignung als eine solche Frage betrachtet, dann könnte man in der frühen Neuzeit sowie am Ende des 19. und am Beginn des 20. Jahrhunderts versuchen, mit dieser Clusterbildung zu Ergebnissen zu kommen, die über das, was dazu bisher erforscht wurde, hinausgehen. Dabei löse ich die Bilder natürlich oft aus den direkten kunsthistorischen Zusammenhängen heraus und beziehe sie unter Umständen auf Problematiken, die eigentlich außerhalb der Kunstgeschichte liegen. Es hat sich aber immer wieder erwiesen, dass in den auf diese Weise gewonnenen Erkenntnissen – spiegelt man diese zurück - immer wieder auch Beziehungen sichtbar werden, die sich im Felde der Kunst bewegen.
(Das Interview führte Stefan Heidenreich)