Bildfähig
Blogs zur Bildwissenschaft sind in Deutschland rar gesäht. Nun bekomment Iconicturn etwas mehr Gesellschaft. Mit Bildfaehig haben Simon Bieling und Daniel Hornuff einen Blog gegründet, der über die Bilder der zeitgenössischen Kultur mit dem Anspruch differenzierter Klarheit und theoretischer Schärfe berichten will.
Themen waren bislang unter anderem Theorien der Bildauswahl, personalisierte Mobiltelefone oder Suche mit Bildern nach Bildern.
Mit dem Blog ist ein Buchprojekt verbunden, das sich mit den neuen Bilderwelten in den Communities wie Youtube, Flickr oder StdivVZ auseinander setzt. Fünf zentrale Thesen dazu stehen bereits online. Um gleich in die Debatte einzusteigen, seien sie kurz kommentiert.1.) Unabhängigkeit von Bildträger und Bildobjekt
Ihre Sichtbarkeit ist nicht an einen speziellen Träger, an einen “Ort der Bilder” gebunden.Ob nicht manche Bilder gerade erst einem bestimmten Modus der Sichtbarkeit, sprich einer bestimmten Technologie oder Schnittstelle ihre Existenz verdanken? Die Sache von der Seite her zu Bedenken wird mit der These sehr erschwert.2) Inszenierung der Bilder
Nur wer die Modi der Bildinszenierung beherrscht, kann sein Bildmaterial in wirkungsvolle Präsentationsformen bringen.Das versteht sich von selbst, Wirft aber die Frage auf, auf welche Art von Praxis die Forschung hinausläuft, politische Konsequenzen nicht zu vergessen.3) Bildfähigkeit der Masse
Die tiefste Veränderung, die social network sites nach sich ziehen, betrifft das Zusammenfließen von Produktion und Rezeption. Bilder treten miteinander in dialogische Beziehung.Ganz wichtiger Punkt, nur trifft der Begriff der Masse zu? Von Massenmedien war die Rede, als mit Fernsehen und Radio die Broadcast-Medien ihren Höhepunkt erreichten. Sollten wir heute statt der homogenen Masse nicht von etwas Differenzierterem sprechen?4)Bilder zur individuellen und kollektiven Identitätskonstitution
Bilder können als Instrumente der Identitätskonstitution gelesen werden. Sie dienen als Verbreitungs- und Informationsmedien von Idealen und möglichen Lebensentwürfen.Kaum zu bezweifeln, zu fragen steht, ob man es im Sinn der Webrewirtschaft positiv sehen will, oder auch etwas kritischere Ansätze wie die von Guattari und Lazzarato hinzuzieht.5) Veränderter Bildbegrif
Es gibt, so setzen wir als These, keine Bilder mehr - sondern lediglich Bildprozesse, an denen ein kollektives Gestalten praktiziert wird.Sollen wir's als BP abkürzen und der Konsequenz halber das Wort Bild gleich ganz aus dem deutschen Wortschatz streichen? Vielleicht doch nicht ...
Alles in allem: Der Blog bereichert die Diskussion um die Bildkultur und ist hiermit in den Iconicturn-Feedreader aufgenommen.