Neue Bücher INTERNATIONAL
Französische und englische Neuerscheinungen im Umfeld der Visual Studies
Ian Bogost schreibt den Blog Watercoolergames und lehrt am Georgia Institute of Technology. In seiner Studie Unit Operations. An Approach to Videogame Criticism schlägt er einen weiten Bogen von der Literaturwissenschaft über Medientheorien zu einzelnen Spielen und der Praxis ihres Entwurfs. Gerade im Bereich der Computerspiele sieht er das Potenzial einer fruchtbaren Zusammenarbeit zwischen den Geisteswissenschaften und Informationstechnologien.
Die Germanistin Gail Finney hat mit Visual Culture in Twentieth Century Germany ein Buch herausgegeben, das sich der spezifisch deutschen Bildkultur im 20. Jahrhundert widmet. Die einzelnen Beiträge konzentrieren sich auf die 20er Jahre, die Bildpolitik in Nazideutschland und die Nachkriegszeit, wobei dem Medium Film und der Kunst der Großteil der Aufmerksamkeit gilt. .
Den globalen Markt der Fernsehindustrie nimmt der in Iowa lehrende Tim Havens in den Blick. Er untersucht die Akteure eines zusehends global vernetzten Marktes, ihre Strategien, Geschäftsverhältnisse und wie sie darüber entscheiden, was weltweit an TV-Bildern zirkuliert. Fernsehen wird in der Studie Global Television Marketplace als Teil einer Welle der Globalisierung sichtbar, die an der Welt der Bilder keineswegs spurlos vorbeigeht.
Der Sammelband Seeing High, Seeing Low zeigt an einer Reihe einzelner Beispiele, wie sich die sozialer Unterschiede in Amerika ihren Weg ins Bild finden und wie sich deren Repräsentation im Lauf der Zeit verändert hat. Als Ausgangspunkte dienen dabei oft Bilder aus dem Bereich der Kunst, aber auch zur Abbildung des Konsumenten zwischen 1820 und 1920 (Katharine Martinez) oder zur Ikonographie der Emanzipation (Melissa Dabakis) finden sich Beiträge. Herausgegeben wurde der Band von Patricia Johnston.
Acht Jahre nach der viel rezipierten Ökonomie der Aufmerksamkeit von Georg Franck liegt in Amerika nun ein Buch mit demselben Titel vor. In The Economics of Attention beschreibt Richard Lanham den Wandel von einer Aufmerksamkeit auf Dinge zu einer der Aufmerksamkeit. An die Stelle von Dingen tritt dabei der Stil, der in der Welt der Neuen Medien sein zentrale Forum der Abbildung findet. Lanham führt die Seite Rhetorica. Der Blog Attentiontrust weist auf ein Interview mit dem Autor zu seinem neuen Buch hin.
Mit einem feministischen Ansatz widmet sich die Dozentin Sidney Matrix aus Winnipeg dem Phänomen des Cyberpop. Ausgehend von Foucault beschreibt sie die digitale Kultur als eine diskursive Formation, in der Technologie, Information und Subjekte miteinander verschränkt werden. An ihren Beispielen, von Filmen über Science-Fiction bis zu Produkten und Videogames, zeigt sie wie eine Hightech-Ästhetik Computer als Waren zum Fetisch stilisiert.
Paul Young untersucht in seinem Buch The Cinema dreams its Rivals, wie der Film darauf reagiert, dass andere Medien ihm das Publikum streigit machen. Dabei vertritt er die These, dass der Film seine mediale Konkurrenz als Imagination abbildet. Zuerst das Radio mit dem Tonfilm der 30erJahre, dann die in den Computernetzwerken entstehende Konkurrenz bereits ab den 80erJahren. Damit kehrt er McLuhans These um, dass neue Medien stets alte zum Inhalt haben. Denn in diesem Fall greift das alte Medium Film seine neu entstehenden Rivalen auf.
Wie ein Medium vor unseren Augen verschwindet, will der französische Autor und Consultant Jean-Louis Missika am Beispiel des Fernsehens zeigen. Sein Buch trägt denn auch den eindeutigen Titel La Fin de la Télévision. In einem Interview macht Missika deutlich, wie er sich das Ende vorstellt. Das Internet wird das Fernsehen nicht ablösen, sondern absorbieren und dabei radikal verändern, indem seine lineare Struktur des Programms aufgibt und in viel stärkerem Maß die Reaktionen der Zuschauer miteinbezieht.